Die Geschichte des Kaffee „Arabica“ begann der Überlieferung nach ungefähr im 9. Jahrhundert im heutigen Äthiopien. Die landläufigen Legende nach bemerkte ein junger Ziegenhirte namens „Kaldi“, dass seine Ziegen irgendwie quirliger wurden als sonst, nachdem sie die roten Kirschen von einem wundersamen Strauch probiert hatten. Bald waren diese belebenden Beeren in der Region „Kaffa“ und darüberhinaus bekannt. Doch erst im 13. Jahrhundert wurde in Jemen (in der Stadt Mocca) auch der erste Kaffee mit Wasser gebraut. Der Kaffeehandel wurde bis ins 17. Jahrhundert von Türken und Arabern dominiert. Mit den Osmanen kam der Kaffee auch nach Wien und wurde dort zum heiß begehrten Genussmittel in ganz Europa verbreitet. So begehrt, dass die europäischen Kolonialmächte die Kaffeepflanze in ihren neuen Kolonien in Übersee kultivieren wollten.
„Ohne Kaffee könnte ich nicht arbeiten, ohne Kaffee könnte ich nicht leben“
Honoré de Balzac
Kaffee als Keim der Globalisierung
Kaffee gilt auch als früher Kristallisationskeim der Globalisierung. Ein Stoff, der auch als Politikum Geschichte geschrieben hat und schreibt. Kriege sind um ihn geführt worden, Sklaverei und Zwangsarbeit haben ihn begleitet. Es geht um Ausbeutung und Gerechtigkeit und um das Nord-Süd Verhältnis. Damals wie heute. Rohkaffee zählt weltweit mit einem Umsatz von knapp 20 Mrd. US-$ zu den wichtigsten Exportgütern für viele Kleinbauern in Äquatornähe, die ca. 50% der Weltproduktion erwirtschaften und ihre Ernte an Mittelsmänner weiterverkaufen, die dann die großen Importeure und Röstereien bedienen. Mit 350 Mrd. Dollar Umsatz, der mit Kaffee als Endprodukt umgesetzt wird, ist schnell deutlich, dass der weitaus größere Teil der Wertschöpfung in der Verarbeitung, Veredelung und dem Verkauf an den Kaffeegeniesser erzielt wird. Während die großen Röster und Kaffeeketten unglaubliche Margen realisieren, reichen die Einnahmen der Kaffeebauern oft nicht aus, um ihre Familien vollwertig zu ernähren oder steigende Nahrungsmittelpreise durch finanzielle Rücklagen auszugleichen.
In Äthiopien organisieren sich Kleinbauern daher auch in Kooperativen, um z.B. ihre technischen Möglichkeiten zur Kaffeeverarbeitung zu verbessern und in bessere Qualität zu investieren. Unterstützt werden die Bemühungen mit technischem Know-How und Krediten von Nicht-Regierungsorganisationen die vor Ort mit den Kooperativen zusammen arbeiten. Ein weiteres Ziel dieser Zusammenarbeit ist auch oft die Zertifizierung der Anbaumethoden und die verlässliche Qualitätssicherung.
Kaffee In Äthiopien
Die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet Äthiopien mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Kaffee, Getreide und Reis sind die wichtigsten Einnahmequellen des Landes, in dem ca. 85% der Bevölkerung in der Agrarindustrie arbeiten.
Kaffee ist das wichtigste Exportgut des Landes und Äthiopien größter Kaffeeexporteur in Afrika. Äthiopien erfuhr in den letzten Jahren ein starkes Wirtschaftswachstum und damit auch einen Wandel, der am deutlichsten auf den Großbaustellen in der Hauptstadt Addis Abeba sichtbar ist. In den umliegenden Ackerflächen und Gewächshäusern internationaler Konzerne wird mit Hightech die Blumenzucht und der Reisanbau betrieben. Auch die Hauptverkehrswege von Addis Abeba in die Provinzregionen zeugen, mit den großen Baumaschinen chinesischer und koreanischer Konzerne am Straßenrand, von einem Wettlauf um Einfluss und die heißbegehrten Leasingverträge für Ackerflächen.
In den ländlichen Regionen kommt dieser Fortschritt jedoch nur langsam an und wenn dann eher in Form von gestiegenen Preisen für Grundnahrungsmittel. Die Verantwortung der wirtschaftlichen Entwicklung liegt hier zumeist in den Händen der Kleinbauern selbst, die ihr weniges Ackerland oft mit Ochsen und Holzpflügen bestellen. Im Human Development Index 2013 liegt Äthiopien auf Platz 173 von 187 Ländern. Äthiopien erhielt 2011 weltweit die größten Mengen an Hilfslieferungen des World Food Programm (WFP). Dies spiegelt sich auch im volkstümlichen Sprichwort: „In Äthiopien hofft man auf viel Regen in Kanada“ wider. Dabei bieten sich in Äthiopien ideale Bedingungen für die landwirtschaftliche Produktion, die ausländische Investoren aus dem Nahen Osten, Asien und Holland anlocken. Zu allem Widerspruch liegen im Hafen von Djibuti, dem Hauptumschlagsplatz für den äthiopischen Seehandel, eben jene Frachter mit den Hilfslieferungen des World Food Programms neben denen mit in Äthiopien angebautem Reis für Saudi-Arabien und Korea.
Fairer Handel statt Hilfe
„Trade is more important to us than aid, and that’s all we’re asking for.
We do not want to be dependent on aid for ever. It just can’t happen.“
Sam Mpasu, from the movie „Black Gold“
In der Fachwelt wird bereits seit längerem darüber diskutiert, ob klassische Entwicklungshilfe eine nachhaltige Entwicklung nicht sogar teilweise verhindere.
Daher ist die die Frage, inwieweit wohltätige Spenden oder „Hilfslieferungen“ förderlich bei dem Ziel sind, eine lokale wirtschaftliche Entwicklung auch nachhaltig zu begünstigen? Kurzfristig gleichen sie eine Notwendigkeit aus, in der langfristigen Betrachtung ergibt sich jedoch die Frage, nach der Generierung von wirtschaftlichen Abhängigkeiten und negativen Preiseffekten auf lokalen Märkten.
Der Weg aus der Armut beginnt auch mit dem Wandel des eigenen Verständnisses, sich nicht nur als passive Rohstofflieferanten zu verstehen, sondern auch weitere Produktionsschritte und Aufgaben zu übernehmen.
Da die Kaffeebauern selbst nur erschwerten Zugang zu Märkten, Informationen und Darlehen haben, verhilft die Selbstorganisation in Form einer Kooperative potenziell zu mehr sozialer Partizipation und Marktmacht. Die Kooperative übernimmt die Aufgaben der Weiterverarbeitung und den Verkauf des Kaffees. Ein Export durch die Kooperative bietet einen höheren Rückfluss des Gewinns an die Bauern als der Export durch Mittelsmänner. Der Zugang zu Krediten wird vereinfacht und langfristige Investitionsprojekte sind möglich. In Äthiopien sind die grundlegenden Strukturen von landwirtschaftlichen Kooperativen im Ansatz noch weit verbreitet, da die Ursprünge der Zusammenschlüsse von oft hunderten von Kleinbauern noch aus den Zeiten des kommunistischen Derg Regimes stammen. Lokal tragen die Kooperativen eine große Bedeutung, da sie nicht nur die Rolle und das demokratische Selbstverständnis der Farmer in einer kollektiven Organisation stärken, sondern mit ihr auch soziale Verantwortung übernehmen.
Frei nach dem Gedanken soziale Probleme lokal durch unternehmerische Konzepte zu lösen, werden durch faire und transparente Handelsbeziehungen nachhaltige Möglichkeiten geschaffen, das Wohl der Allgemeinheit zu verbessern.
Die selbstbestimmten und lokal agierenden Kooperativen dienen als Grundlage des sozialen Unternehmertums in Entwicklungsländern, dessen Verbreitung vielfältig gefördert werden kann. Konsumenten können mit ihrer Stimme entscheiden, wessen Kaffee sie erwerben wollen und wen sie dabei wie unterstützen möchten.
Fotos und Text: Alexander Klebe
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